Quantcast
Channel: LovelyBooks Blog » Köpfe
Viewing all articles
Browse latest Browse all 10

Auf der Bühne: “Alle sieben Wellen”

$
0
0

Im Vordergrund: Eine bezaubernde Katharina Hofmann als "Emmi"

Im Vordergrund: Eine bezaubernde Katharina Hofmann als "Emmi"

Daniel Glattauers E-Mail Romanze ist seit Jahren nicht von den Nachttischen der emotional durchaus angehauchten Leser wegzudenken, und mindestens genauso lange treibt die Bühnenfassung die Scharen auf die Theaterbühnen weltweit. Und während spanische, französische und italienische Inszenierungen geplant sind schicken Glattauer und Ulrike Zemme Emmi und Leo auf die sieben Wellen, und genau da, wo sie hingehören.

So ist seit einem Monat der Nachfolger – „Alle sieben Wellen“ – im Linzer Eisenhandtheater zu sehen. Uraufgeführt ein gutes Jahr vorher in den Wiener Kammerspielen versucht sich in der Stahlstadt das gleiche Team an der Inszenierung, die auch „Gut gegen Nordwind“ 2010 auf die Eisenhandbühne brachten. Das bedeutet ebenso eine Rückkehr der beiden Darsteller Katharina Hofmann und Peter Pertusini. Und gerade letzterer hatte nun damals nicht gerade meine vollste Zustimmung. Voreingenommen? Definitiv. Eines besseren belehrt? Wir werden sehen.

Star der Show ist wie schon im Vorgänger eindeutig Katharina Hofmann. Die Lady aus Erlangen bringt die Emmi Rothner so frech, keck und doch teilweise romantisch und zartbesaitet wider, wie man sie vom Lesen und von den Hörbüchern her kennt. Versprüht dabei eine ungeheure Erotik und fängt den Besucher von der ersten Sekunde an. Sehr genial: Ihr kokettes Spiel mit dem Systemmanager gleich zu Beginn, der schauspielerisch wie visuell begeistern kann. Ein großartiger Start! Auch das dezente und aus dem Vorgänger nahezu unverändert übernommene Bühnenbild wird von Emmi gleich einmal durcheinandergebracht. Der Bogen Endlospapier der als Symbol für den elektronischen Brief herhalten musste formt sich nun regelmäßig zur Welle und öffnet so für die beiden Protagonisten immer wieder eine Tür, durch die sie sich näher kommen können. So öffnet er auch für Peter Pertusini alias Leo Leike den Durchgang zur digitalen Welt.

Ach ja, Peter Pertusini. In „Gut gegen Nordwind“ noch eine emotional tollpatschige und unsichere Labertasche, der man den „smooth talker“ und Schwarm sämtlicher Frauen im gebärfähigen Alter aber so gar nicht abkaufen wollte, versucht sich in „Alle sieben Wellen“ erneut, oder muss sich versuchen. Und zu Beginn muss er auch all jene kritischen Blicke einstecken, die von seiner Darbietung in „Nordwind“ nicht besonders angetan waren. Also auch die meinen. Und siehe da, das Auftreten ganz souverän und „laid back“, man wahrt Distanz zum erneuten E-Mail-Spiel und bringt sich einem (leider leicht unpassenden und übertriebenen) emotionalen Moment wieder ins Spiel. Und wie. Schmeichelnder Charmeur und zitierter „Ins Bett Schreiber“ ist er zwar noch lange nicht, aber von seiner anfänglichen Tollpatschigkeit ist er auch meilenweit entfernt. Den ehemals leicht trotteligen Tippsler ersetzt er durch einen leidenden und tief verletzten Mann, der zumindest weiß, dass er nicht weiß was er will. Tatsächlich ist es sogar so, dass nach dem Anfangsschreck Leo immer mehr seinen Platz findet und die Darbietung von Pertusini ungelogen herausragend wird. Die Lacher liegen auf seiner Seite, und das im allerbesten Sinne.

Noch mehr: Wie „Gut gegen Nordwind“ ist auch die Theaterfassung der Wellen wieder stark gekürzt und auf knapp eindreiviertel Stunden reduziert. Viel ist der Schere zum Opfer gefallen, und auch wenn ich mir eventuell Feinde mache: Zum besseren. „Alle sieben Wellen“ ist durchaus umstritten aufgenommen worden, und wirkt in der Fassung von Zemme gesundgeschrumpft. Alles ist vorhanden: Rausch-Leo, gegenseitiges Angiften und Schäckern und sich Lieben, und trotzdem weiß man, dass Dinge nicht vollständig sind. Und man vermisst es nicht. Wichtige Plotelemente, die sich wiederholen würden werden im Notwendigen umrissen, der Rest gehört den Momenten zwischen Pertusini und Hofmann. Ich würde sogar soweit gehen und meinen, dass mir „Alle sieben Wellen“ im Theater weit besser gefallen hat, denn als Hörbuch oder Roman.

Emmi und Leo auf der Bühne im Eisenhand-Theater

Emmi und Leo auf der Bühne im Eisenhand-Theater

Abschließend drücke ich einen fetten „Leike“-Button: „Alle sieben Wellen“ im Eisenhand, Katharina Hofmann und Peter Pertusini sorgen für vergnügliche zwei Stunden. Hofmann hat sich – trotz privater von Rothners – in mein Herz gespielt, und sicherlich auch in das vieler anderer. Wer die Künstlerin unterstützen will, darf das gerne bei der Publikumswahl des österreichischen Theaterpreises „Nestroy“ tun. Ich selbst weiß nur noch nicht, ob ich mir die Neuaufnahme von „Gut gegen Nordwind“ geben soll, vielleicht sehe ich sie ja jetzt mit anderen Augen.

Fotos: Landestheater Linz


Viewing all articles
Browse latest Browse all 10

Latest Images